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Biodiversität und Hotellerie: Erzfeind oder beste Freunde?

TUTAKA Blogartikel Biodiversitaet und Hotellerie

Gastbeitrag von Dr. Frauke Fischer von der Agentur auf!

Wer nicht gerade aus beruflichen Gründen unterwegs ist, der reist zur Erholung, Inspiration oder zur Erweiterung des eigenen Horizonts. Touristen [1] wünschen sich eine intakte und vielfältige Natur. Bei geschätzten/circa 20 bis 40% des weltweiten Tourismusgeschäftes sind Tiere und die Ökosysteme, in denen sie leben sogar der Hauptreisegrund. Der Tourismus ist damit angewiesen auf Biodiversität. Die nähere Beleuchtung findet in diesem Artikel durch Dr. Frauke Fischer statt.

TUTAKA Blogartikel und Foto von Dr. Frauke Fischer

Biodiversität oder Biologische Vielfalt ist mehr als Artenvielfalt, umfasst sie doch auch die Mannigfaltigkeit von Genen (mehr als sieben Milliarden Menschen, unter denen sich kaum zwei gleichen wie ein Ei dem anderen, sind der Beleg dafür) und von Ökosystemen (z.B. Regenwälder, Korallenriffe oder Wüsten).

Ökosysteme wiederum sind nicht nur eine Touristenattraktion, sondern erbringen eine Vielzahl von Leistungen für Menschen. Dazu gehört die Reinerhaltung von Luft und Wasser, die Bereitstellung fruchtbarer Böden oder die Produktion von Baumaterialien wie Holz. Die Natur stellt uns diese kostenlos zur Verfügung. Doch die Kombination aus Leistung ohne Kosten macht Arten und Ökosysteme anfällig für Übernutzung. Diese Übernutzung findet nahezu überall auf der Welt statt und hat dazu geführt, dass Biodiversität und Ökosystemleistungen weltweit bedroht sind.

Die Situation ist so dramatisch, dass wir uns nach Meinung vieler Wissenschaftler:innen gerade im ersten Massenaussterben der Weltgeschichte nach dem Aussterben der Dinosaurier befinden.

Auch Ressorts und Hotels haben negative Effekte auf Biodiversität. So tragen Infrastrukturen, CO2-Emissionen, Lebensmittelverschwendung, die Produktion enormer Abfallmengen, der gesteigerte Wasser- und Energieverbrauch aber auch der sogenannte Overtourism zur Vernichtung von Biodiversität bei. Ein paar Beispiele sind:

  1. Absterben lokaler Waldflächen durch übermäßigen Wasserverbrauch von Hotels
  2. Lebensmittelverschwendung
  3. Versiegelung von Flächen für Hotelparkplätze
  4. Speisekarte mit einem Schwerpunkt auf exotische und jahreszeitlich nicht angepasste Gerichte
  5. Bepflanzung der Hotelanlage mit exotischen Pflanzen
  6. Zu häufiges Mähen der Freiflächen
  7. Mechanische Beschädigung von Korallenriffen durch ungeübte Taucher
  8. Verbauung von Niststränden von Meeresschildkröten für Hotelanlagen

Die gute Nachricht ist, dass der Schutz der Biodiversität für Hoteliers eine Win-Win-Situation kreiert. Denn wer Ökosysteme und Artenvielfalt erhält, der wird auch als Urlaubsdestination attraktiv. Biodiversität und Attraktivität gehen Hand in Hand.

Was können Hoteliers tun? Beim Neubau oder Umbau eines Hotels sorgt eine entsprechende fachliche Beratung dafür, dass die negativen Folgen für Biodiversität gering bleiben oder sogar positive Effekte erzielt werden. Eine Gestaltung von Hotelanlagen, die die biologische Vielfalt fördert, steigert das Wohlbefinden der Gäste und trägt zu einem positiven Erlebnis bei.

Beispiele sind:

  • die strukturreiche Bepflanzung der Hotelanlage mit einer Vielzahl verschiedener einheimischen Arten
  • die Bereitstellung von Nisthilfen für Vögel und Insekten
  • die Verwendung umweltfreundlicher Baumaterialien
  • ein eigener Garten, der Blumen für Dekorationszwecke zur Verfügung stellt und Workshops zum Thema Blumenbinden ermöglicht
  • das Anpflanzen von Kräutern und Gemüse zur Verwendung in der eigenen Gastronomie
  • ein Naturpool (Schwimmteich) ohne Chemikalien
  • Bepflanzung von Wänden/Dächern mit einheimischen Pflanzenarten
  • Herstellung eigener Infusions mit heimischen Kräutern
  • Das Einbringen von Umweltthemen in den Kids-Club
  • Aufbau eines Insektenhotels
  • Herstellung von eigenem Honig und Anlegen von Blühstreifen

Im täglichen Geschäft können eine nachhaltige Beschaffung und die Nutzung regionaler Lieferketten die Biodiversität fördern. Das gilt für den Einkauf von Lebensmitteln (was, woher, wie viel?), aber auch Verbrauchsgüter (Operating Supplies & Equipment) und Einrichtungen (Furniture, Fixture and Equipment: langlebig, lokal produziert).

Besonders wichtig ist aber auch die Kommunikation nach innen und außen. Mitarbeiter:innen sollten so geschult sein, dass sie Fragen von Gästen kompetent und glaubwürdig beantworten können und damit zu Biodiversitätsbotschaftern werden. Ein entsprechendes Engagement kann sich positiv auf die Mitarbeiteridentifizierung auswirken und das Verhältnis zwischen Team und Unternehmen stärken.

Gästen wünschen sich Erlebnis, Erholung, Gemeinschaft und Wohlbefinden. Sie schätzen ein Engagement für Biodiversität, besonders auf Grundlage des vor Kurzem erschienenen Berichts zur globalen Artenvielfalt des Weltbiodiversitätsrats [2]. Die Warnung vor dem Massensterben hat zur Bewusstseinsbildung bei Touristen beigetragen und viel Sorge und Empörung ausgelöst. Gäste möchten sich korrekt verhalten, sind dafür aber auf die Expertise des lokalen Gastgebers angewiesen. Jedes Ökosystem ist besonders und entdeckungswürdig. Es müssen nicht immer mit Langstreckenflügen verbundene Korallenriffe oder Regenwälder sein. Auch der heimische Wald, der See im nächsten Ort oder lokale Strände können das Wohlbefinden steigern und ein echtes Erlebnis sein. Entsprechende Touren, Workshops und Events können das Angebot des Gastgebers differenzieren und damit attraktiver machen.

Wie der Schutz der Artenvielfalt die Mitarbeiterzufriedenheit und das Gasterlebnis erhöhen kann, sollte zum Ausgangspunkt für Innovationen werden. Wie kann ich meine Lieferketten optimieren? Wie kann ich mein Angebot erweitern? Wie kann ich die Natur um mich herum schützen? Was muss ich wissen? Engagement für den Schutz von Biodiversität zeigt Verantwortungsbewusstsein und eine Orientierung an den Bedürfnissen von Gast und Mitarbeiter:in. Sie ist durch und durch ein Win-Win. Jeder Beitrag zählt!

Zusammenfassung:

  • Biodiversität ist die Vielfalt des Lebens auf der Ebene von Genen, Arten und Ökosystemen und die Grundlage unsers Lebens und Wirtschaftens. Biodiversität ist weltweit bedroht. Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen befinden wir uns gerade im größten Massenaussterben seit dem Verschwinden der Dinosaurier.
  • Hotels, die Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität ergreifen, fördern zeitgleich das Gasterlebnis. Ein Engagement kann sich ebenfalls positiv auf die Mitarbeiterzufriedenheit und Attraktivität als Arbeitgeber auswirken.
  • Besonders sensibel und zeitgleich prädestinierte Bereiche für entsprechende Maßnahmen umfassen den Bau und Umbau, die Beschaffung von Food- und Non-Food-Produkten, Wasser- und Energieeffizienz, die Vermeidung von Abfällen sowie die Schulung von Mitarbeitern.
  • Zusätzlich lohnt sich der Ausbau eines entsprechenden Programms für Gäste. Jedes Ökosystem ist attraktiv und kann zu einem positiven Gasterlebnis werden.

Autorin: Dr. Frauke Fischer

[1] Filion FL, Foley JP, Jacqemot AJ. The economics of global ecotourism. In: Munasinghe M, McNealy J, editors. Protected Area Economics and Policy: Linking Conservation and Sustainable Development. Washington, DC: The World Bank; 1994. pp. 235–52.

[2] ipebs; 2019

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