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Check In mit Günes Seyfarth @CommunityKitchen

TUTAKA Check In Mit Guenes Seyfahrt - Lebensmittel Bild

Name: Günes Seyfarth
Beruf: Mit-Gründerin der CommunityKitchen, Social Entrepreneurin & Gründungsberaterin
Kontakt / LinkedIn: Günes Seyfarth
Intro: Allein in Deutschland werden jedes Jahr rund 12 Millionen Tonnen Lebensmittel weggeworfen. Nicht nur in Anbetracht des Hungers auf der Erde, sondern auch der einhergehenden Ressourcenverschwendung etwas, das sich tunlichst ändern sollte. Zum Glück gibt es da Menschen wie Günes! Günes ist schon seit über 10 Jahren Lebensmittelretterin. Das heißt, sie ‘rettet’ Lebensmittel, die ansonsten im Müll gelandet wären und verteilt diese. Im September 2021 hat sie ihr Engagement auf eine neue Dimension ausgeweitet und die Community Kitchen gegründet. Das Geschäftsmodell ist einfach und doch innovativ: Aus geretteten Lebensmitteln köstliche Speisen kochen und somit essen, was eh schon da ist.

Ob Günes und ihr Team genügend Lebensmittel für den Betrieb der Community Kitchen retten können, wie es mit der Rechtmäßigkeit der Rettungsaktionen steht, und wo sie ihr Unternehmen in der Zukunft sieht, erfährst Du im folgenden #CheckInMit.

TUTAKA Check In Mit Interview mit Guenes Seyfarth

Liebe Günes, Lebensmittelwertschätzung & Nachhaltigkeit sind…
…nicht voneinander zu trennen! Lebensmittelverschwendung zu reduzieren ist einer der wirksamsten Hebel im Klimaschutz. Obwohl “Essen” so omnipräsent ist, ist den wenigsten bewusst, wie groß das Problem der Lebensmittelverschwendung wirklich ist. All die Ressourcen, die in die Lebensmittelproduktion fließen – von menschlicher Arbeitskraft über Pestizide bis hin zu Treibhausgasemissionen beim Transport – haben unsere Umwelt grundlos belastet, wenn schlussendlich sowieso weggeworfen wird. Es ist also längst überfällig, dass wir auf das Thema aufmerksam machen. Einen großen Beitrag für unsere Umwelt und den Klimaschutz zu leisten, kann einfach sein: indem wir schlichtweg das aufessen, was eh schon vorhanden ist.

Lebensmittelwertschätzung fängt schon bei der Werbung an. Uns Konsumenten und Konsumentinnen wird ein falsches Bild vermittelt: Obst und Gemüse ist immer saftig, frisch und makellos. Das entspricht allerdings nicht der Realität. Denn Realität ist, dass auch Obst und Gemüse kleine ‘Imperfektionen’ hat. Das bedeutet keineswegs, dass es schlecht ist. Aber genau das wird durch die Werbung vermittelt und trägt dazu bei, dass Lebensmittel aussortiert werden, obwohl sie noch zum Verzehr geeignet gewesen wären. Auch das MHD spricht uns unseren Ursinn ab, zu bewerten, ob etwas noch verzehrfähig ist. Denn viele Menschen setzen das MHD mit ‘tödlich ab’ gleich, was nicht der Wahrheit entspricht.

Du bist engagierte Gründerin und Innovatorin. Eine Deiner Gründungen ist die Community Kitchen. Was ist das genau? Die Community Kitchen wurde gegründet, um Lebensmittelverschwendung in das Bewusstsein der Menschen zu rücken – und damit in die Mitte der Gesellschaft. Unser Ansatz ist dabei die schlichte “Täuschung”. Um den Menschen das Thema Lebensmittelwertschätzung näher zu bringen, “verstecken” wir Lebensmittel in leckeren Gerichten. Zu den genutzten Lebensmittel hätten wahrscheinlich die wenigstens noch selbst gegriffen. So wird beispielsweise aus der braunen Banane, die viele nicht mehr gekauft hätten, ein ansprechender Bananenkuchen, der bei uns wiederum ein Bestseller ist.

Viele fragen sich nun bestimmt, wie es rechtlich überhaupt möglich ist, aus geretteten und abgelaufenen Lebensmitteln Speisen herzustellen und anzubieten. Die Antwort ist ganz einfach: Wir haben das Gesetz gelesen. Nach der deutschen Gesetzgebung haftet derjenige für abgelaufene Lebensmittel, der sie als letztes verkauft hat. Supermärkte tun sich das nicht an, aber wir schon. Denn wir vertrauen auf unseren gastronomischen Sinn, die Verzehrfähigkeit von Lebensmitteln bewerten zu können.

Sehr spannend! Kannst du uns bitte mehr über das Team dahinter erzählen? Das sind im Kern Judith und ich. Die Community Kitchen ist tatsächlich ziemlich unverhofft entstanden. Eigentlich war ich bei der Besichtigung der Immobilie, um mich für die Gründung von Bildungseinrichtungen auszusprechen, da mir Bildungsgerechtigkeit sehr am Herzen liegt. Aber auf einmal sickerte wieder eine alte Geschäftsidee aus den Tiefen meines Unterbewusstseins an die Oberfläche und ich erzählte davon. Damals war ich schon jahrelang als Lebensmittelretterin unterwegs und hatte vor längerer Zeit die Idee vom Gastrokonzept hinter der Community Kitchen gehabt. Gedacht, gesagt, getan und jetzt retten wir gemeinsam Lebensmittel.

Woher bezieht ihr die Lebensmittel? Kann es vorkommen, dass nicht genug gerettet wird, um ausreichend Speisen anbieten zu können? Tatsächlich gibt es mehr Lebensmittel, als wir retten können. Die Menge an geretteten Lebensmitteln hängt davon ab, was für ein Fahrzeug wir zur Verfügung stehen haben und wie oft wir fahren können. Im Moment haben wir nur einen PKW, womit wir täglich ca. 30 Euroboxen [Anm.: das ist ein Kastenformat für den Obst- und Gemüsetransport] holen können. Die Menge an Lebensmitteln, die wir noch hätten retten können, erscheint uns immer noch unendlich. Also zu Engpässen, was die Versorgung unserer Gäste und Gästinnen angeht, kommt es deswegen bei uns definitiv nicht. 

Das Kernthema ist Lebensmittelverschwendung. Aufklären, Umdenken, Anders machen. Ihr möchtet eure Idee und Mission in die Mitte der Gesellschaft bringen. Wie macht ihr auf die Community Kitchen aufmerksam? Das machen wir auf ganz unterschiedliche Arten. Leider ist das Thema “Lebensmittelverschwendung” für viele Menschen nicht präsent genug und selbst wenn man ihnen davon berichtet, noch nicht relevant genug. Da leisten wir viel Aufklärungs- und Bildungsarbeit. 

Dabei haben wir gemerkt, dass es zwecklos ist, mit dem erhobenem Zeigefinger zu sprechen. Wir können den Menschen nämlich nicht sagen, wie sie zu leben haben. Das führt lediglich zu einer Abwehrhaltung. Ich glaube daran, als gutes Vorbild voranzugehen, ist viel inspirierender und kraftvoller. „Wir brauchen unsere Kinder nicht erziehen, sie machen uns sowieso alles nach.“ Das hat Karl Valentin mal gesagt – und das lässt sich auch gut auf unsere Arbeit übertragen.   

In unserer Recherche für dieses Check In Mit haben wir zahlreiche Artikel über Dich und Geschichten von Dir gelesen. Du bist viel beschäftigt und mit diversen Projekten gleichzeitig auf dem Fahrwasser. Struktur vs. Doing: was ist wichtiger bzw. was hat Prio für Dich?  Was wichtiger ist, kann man glaube ich nicht pauschal sagen. Ich versuche eine gewisse Struktur in meinen Alltag reinzubringen und plane am Vorabend meinen Tag mit To-Do-Listen. Aber ich finde mich auch damit ab, dass mindestens die Hälfte trotzdem hinten über fällt. Da habe ich das große Glück, mich auf meinen Partner und andere Unterstützer:innen verlassen zu können. Es bringt nichts, sich unnötig stressen zu lassen. Wenn man die Dinge entspannt angeht und mit Spaß bei der Sache ist, ist man viel produktiver. Ich sehe das bei mir selbst und merke immer wieder: Mit 20% meiner Zeit kann ich 80 % des Outputs generieren.

In der Community Kitchen besteht sogar die Einrichtung aus geretteten Möbeln. Das ist großartig! Gibt es Produkte, die ihr nicht gebraucht erhalten konntet? Welches (vielleicht auch nachhaltige) Produkt fehlt unter Umständen noch? Tatsächlich retten wir durch das Betreiben der Community Kitchen sogar das gesamte Gebäude. Denn ohne uns würde die Immobilie leer stehen. Aber auch innerhalb unserer Räumlichkeiten haben wir versucht, keine neuen Dinge anzuschaffen, sondern haben auf unser altbekanntes Modell gesetzt: verwenden, was eh schon da ist. Also von Tischen über Stühlen bis hin zu einem Klavier. Gefragt und gesucht, anschließend gerettet und genutzt. Jetzt haben bis zu 199 Menschen Platz in unserer Einrichtung.

Bitte vervollständige: die Welt ist dynamisch, die Zukunft ist…
ebenfalls dynamisch. Zum Glück lässt sich die Zukunft beeinflussen. Entscheidend ist, wie man auf die Umstände reagiert. Unsere Vision für die Zukunft ist, die Community Kitchen nicht nur in München zu führen, sondern raus in die Welt zu tragen und unsere Mission weiterzugeben. Lebensmittelverschwendung ist nämlich etwas, was weltweit geschieht. Mal in größerem, mal in kleinerem Ausmaß. Unser großes Ziel ist es deshalb, unser ganzes Wissen in einen Container zu packen und als Eco Franchise weltweit Pop Up Gastro aus geretteten Lebensmitteln zu veranstalten.

Das klingt großartig, liebe Günes! Viel Erfolg dabei und herzlichen Dank für dieses bereichernde #CheckInMit___

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