Skip to content

Textilien: Zertifikate und Qualitätssiegel

Zertifikate sollen Einkäufer:innen Orientierung bieten. Die Wirklichkeit sieht jedoch viel zu oft ganz anders aus. Was bedeuten die unterschiedlichen Zertifikate? Welche Kriterien erfüllen sie? Welche nicht? Welche Organisationen vergeben sie und wie sind deren Interessenlagen? Wir bei TUTAKA möchten nachhaltigen Einkauf für Gastgeber:innen einfach machen. Dazu gehört auch, dass wir Informationsasymmetrien auflösen.

Fast Fashion, der Rana Plaza Einsturz oder Baumwoll Monokulturen prägen die Schattenseiten der heutigen Textilindustrie. Zertifizierte Baumwolle und fair produzierte Textilien sind ein Muss für nachhaltige Beschaffer:innen im Gastgewerbe. In diesem Teil der Zertifikate-Reihe dreht es sich um nachhaltige Textilien: einerseits eine Wunderwaffe für einen komfortablen und gemütlichen Gastaufenthalt (z.B. durch nachhaltige Hotelbettwäsche und zertifizierte Badtextilien), andererseits ein schöner Motivator für Mitarbeiter:innen, z.B. mit fair produzierter Arbeitskleidung. Im Folgenden stellen wir vier Zertifikate vor, wer und was dahinter steckt.

GLOBAL ORGANIC TEXTILE STANDARD

GLOBAL ORGANIC TEXTILE STANDARD
(© 2021 by Global Standard gGmbH)

Wer steckt hinter der Zertifizierung?
Der “Global Organic Textile Standard” wird vergeben von der Global Standard gemeinnützige GmbH, die 2008 gegründet wurde. Dies ist ein Zusammenschluss aus vier bekannten Mitgliedsorganisationen, unter anderem auch IVN (siehe unten).

Was steckt hinter der Zertifizierung?
Der GOTS bietet zwei Labelstufen an:

  1. GOTS „organic“
    95% der eingesetzten Fasern stammt aus kontrolliert biologischem Anbau oder kontrolliert biologischer Tierhaltung
  2. GOTS „made with“
    mit einem Mindestanteil an Bio-Naturfasern bei 70%

Ebenfalls wird ein Augenmerk auf die Abwasseraufbereitung, begrenzter Einsatz von Chemikalien (Bleichen nur mit Sauerstoff) und die ILO Kernarbeitsnormen gelegt.

Geschichte & Mission
Ziel des Siegels ist, einen weltweit einheitlichen, kontrollierbaren, sozialen und ökologischen Standard aufzubauen, der die gesamte Lieferkette umfasst. Zertifiziert wird nur das ganze Produkt und nicht einzelne Bestandteile, wie bei manch anderen Siegeln. Somit ist die Lieferkette des gekauften Endprodukts transparent.

Anmerkung
Kritiker:innen bemängeln, dass in Bezug auf Arbeitsbedingungen und Löhne auf die ILO Kernarbeitsnormen verwiesen wird, die lediglich den Mindeststandard darstellen und keineswegs ausbeutungsfreie Arbeitsverhältnisse sicherstellen. Der Standard durchläuft jedoch alle drei Jahre einen Revisionsprozess und in der 2020 veröffentlichten Version 6.0 wird nun vorgeschrieben, die Differenz zwischen gezahlten Löhnen und existenzsichernden Löhnen zu dokumentieren.

Im TUTAKA Produkt Verzeichnis sind u.a. folgende Produkte GOTS-zertifiziert:

NATURTEXTIL IVN BEST Zertifiziert

NATURTEXTIL IVN BEST Zertifiziert
(© 2020 Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft e.V.)

Wer steckt hinter der Zertifizierung?
Der Internationaler Verband der Naturtextilwirtschaft e.V. ist ein Zusammenschluss aus mehr als 100 Unternehmen in der Textilbranche. Er wurde 1999 gegründet und hat seinen Sitz in Berlin.

Was steckt hinter der Zertifizierung?
Der Verband vergibt die Zertifikate:

  1. Naturtextil BEST
    Naturfasern als Rohstoffe müssen aus biologischer Produktion stammen und es gibt strenge Vorgaben bzgl. der Bleichung oder Färbung der Stoffe. Gentechnisch veränderte Organismen sowie Halogenverbindungen sind verboten.
  2. Naturleder zertifiziert
    Das Zertifikat ist der einzige Standard für nachhaltige Lederwaren in Europa. Die Häute stammen von Tieren, die primär für Fleisch- und Milchgewinnung gehalten wurden. Ebenfalls ist der Einsatz von Häuten bedrohter Tierarten streng verboten.

Bei beiden Labels müssen nationale Umweltanforderungen eingehalten werden und die Unternehmen müssen eine Erklärung unterzeichnen, um die Einhaltung sozialer Standards sicherzustellen.

Geschichte & Mission
Die Zertifikate stehen für umweltverträgliche und sozial verantwortliche Herstellung und Verarbeitung von Textilien, Ledern und Fellen. Zertifiziert wird die komplette Produktionskette. IVN zertifizierte Produkte entsprechen einem hohen Qualitätsstandard, sind frei von Chemikalien Rückständen und besitzen eine lange Haltbarkeit.

Anmerkung
Der IVN-Standard wird aufgrund seiner hohen Anforderungen und strengen Kontrollen häufig von Umweltorganisationen empfohlen. Im Gegensatz zu GOTS ist der Standard jedoch nur gering verbreitet.

Der Grüne Knopf

Der Grüne Knopf
(© 2020 Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung)

Wer steckt hinter der Zertifizierung?
Das Zertifikat wurde vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung 2019 ins Leben gerufen. Das Ziel des Zertifikats ist es, fair produzierte Kleidung zu kennzeichnen. Es wird nicht die komplette Lieferkette berücksichtigt, sondern vor allem die Verarbeitung des Stoffes in Fabriken.

Was steckt hinter der Zertifizierung?
Das Bundesministerium prüft Unternehmens- als auch Produktkriterien.
Es gibt 20 Unternehmenskriterien mit folgenden Schwerpunkten:

  • Unternehmenspolitik auf Menschenrechte & Umwelt ausrichten
  • Risiken & Auswirkungen in der Lieferkette analysieren
  • Effektive Maßnahmen ergreifen (Messindikatoren festlegen)
  • Transparent & öffentlich berichten
  • Beschwerden berücksichtigen

Auf Produktebene werden 26 Kriterien aus den zwei folgenden Bereichen beachtet.

  1. Umwelt (biologische Abbaubarkeit, Schutz des Grundwassers, CO2 Reduktion, weniger Chemikalien, etc.)
  2. Soziales (Verbot von Zwangsarbeit & Diskriminierung, Mindestlöhne, Arbeitsschutz, etc.)

Geschichte & Mission
Nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza im Jahr 2013 bei dem mehr als 1000 Menschen starben, wird mehr über die Arbeits- und Sozialstandards in Textilfabriken berichtet. Durch die wachsende Popularität von Fast Fashion und den damit verbundenen Preiskampf entstehen Dumpinglöhne und Ausbeutung der Näher:innen. Zertifizierte Kleidung signalisiert dem Verbraucher, dass hier auf faire Arbeitsbedingungen geachtet wird. Zusätzlich werden Umweltaspekte und die Vereinbarkeit mit unseren Ökosystemen beachtet.

Anmerkung
Der Grüne Knopf prüft nicht den Scope 1, also den Rohstoffanbau. Damit ist nicht die komplette Lieferkette zertifiziert, sondern erst die Schritte ab der Verarbeitung bzw. Veredelung der Textilien.

Im TUTAKA Produkt Verzeichnis sind u.a. folgende Produkte mit dem Grünen Knopf zertifiziert:

Cradle to Cradle™

Cradle to Cradle™
(© 2021 Cradle to Cradle Products Innovation Institute)

Wer steckt hinter der Zertifizierung?
Das Cradle to Cradle Zertifikat wird seit 2010 vom “Cradle To Cradle Products Innovation Institute” vergeben. Cradle to Cradle bedeutet von der Wiege in die Wiege und zertifiziert kreislauffähige Produkte. Dabei ist besonders das Design und die materielle Tauglichkeit für zukünftige Lebenszyklen wichtig.

Was steckt hinter der Zertifizierung?
Es gibt drei Prinzipien des Instituts bei der Zertifizierung:

  1. Verwerfung des Prinzips von Abfall (jedes Produkt ist potenziell neues Material für ein anderes Produkt)
  2. Nutzung von erneuerbaren Energien
  3. Diversität zelebrieren (Soziale Fairness, Einbindung der Mitarbeiter:innen, Unterstützung der Biodiversität)

Zertifiziert werden verschiedene Kriterien aus 5 Kategorien:

  1. Gesunde Inhaltsstoffe (Produktion ohne schädlichen Chemikalien)
  2. Wiederverwendbare Rohstoffe (Produkte sind endlos in Produktionszyklen wiederverwertbar)
  3. Erneuerbare Energien (Produkte werden unter Verwendung erneuerbarer Energien hergestellt, um den Ausstoß klimaverändernder Treibhausgase zu verringern)
  4. Wassermanagement (Erhaltung von sauberem Trinkwasser, Eliminierung von Wasserverschwendung)
  5. Soziale Verantwortung (Gestaltung der Geschäftstätigkeit mit Rücksicht auf Mensch und Natur)

Es gibt 5 Stufen der Zertifizierung (Basic, Bronze, Silber, Gold, Platin), wobei die niedrigste Zertifizierung in einer der Kategorien die Zertifizierungsstufe festlegt. Ein zusätzliches wichtiges Kriterium ist, wie sehr die Unternehmen auf Verbesserung und Optimierungsprozesse bedacht sind, denn die Zertifizierung wird alle zwei Jahre erneuert.

Geschichte & Mission
Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft. Jedes Jahr entstehen mehrere Millionen Tonnen Abfall, die ins Meer gelangen, Grundwasser verunreinigen und Ökosysteme gefährden. Cradle to Cradle hat einen zirkulären Ansatz für Produkte, um einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen zu fördern.

Anmerkung
Weltweit sind ca. 11.000 Produkte¹ nach dem C2C-Prinzip entwickelt worden, wovon nicht alle Cradle to Cradle™-zertifiziert sind. Kritisiert wird vor allem die häufig Umsetzbarkeit des Prinzips, da oftmals ein komplett überarbeitetes Wirtschaftssystem notwendig wäre. Außerdem steht beim C2C-Prinzip das Verringern unseres Konsumverhaltens im Hintergrund und es wird plädiert, dass bei einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft nicht verzichtet werden muss. Kritiker:innen meinen, dass damit jedoch das verschwenderische Verhalten unserer heutigen Gesellschaft verharmlost wird.²

Im TUTAKA Produkt Verzeichnis unter anderem sind folgende Produkte Cradle to Cradle™-zertifiziert:

Fußnoten
¹Bergfreunde (Cradle to Cradle)
²Gespräch mit Michael Braungart

Willst du mehr Infos über ESG und nachhaltige Hotellerie und Gastronomie?

Dann gefällt dir vielleicht unser beliebter Newsletter rund um das Thema ESG und den Wandel zu einer nachhaltigen Hotellerie und Gastronomie. Trag dich am besten gleich ein.

Mit Abschicken des Formulars erklärst du, dass du unsere Datenschutzbestimmungen gelesenen und akzeptiert hast.

Über komodea

Bei komodea setzen wir uns dafür ein, den Wandel zu einer nachhaltigen Zukunft durch die Transformation des Einkaufs voranzutreiben. Wir sind davon überzeugt, dass der Schlüssel zu einer zukunftsorientierten Gesellschaft in der Art und Weise liegt, unter welchen Bedingungen wir produzieren, handeln und konsumieren.

Deshalb konzentrieren wir uns darauf, Einkäufer:innen zu unterstützen, Produkte nach ihrem ökologischen Fußabdruck zu bewerten, bewusster einzukaufen und Abfall und Emissionen in der gesamten Lieferkette zu reduzieren.